gezeigt – gekonnt!
Ein Blick in unsere Geschichts- und Modebücher reicht, um Handarbeiten als Kulturgut bezeichnen zu können. Dieser Meinung war auch Dr. Marianne Stradal. Die aus Österreich stammende Professorin für Textilgeschichte widmete Ihr Leben den Handarbeiten. In den 1950er und 1960er Jahren hatte sie sogar ihre eigene Fernsehsendung. Ja, richtig gelesen: Eine Fernsehsendung, die sich der Geschichte und dem Erlernen von Handarbeitstechniken widmete. Wir haben auch nicht schlecht geguckt, als wir das herausfanden. Die Sendungen wurden abwechselnd in Wien und Köln aufgezeichnet. Die Titel lauteten unter anderem: »Von Nadel und Faden zur blühenden Industrie«, »Aus der Geschichte des Tischtuches« oder »Gesehen – gekonnt / Alles fürs Baby«.
Durch ihr daraus entstandenes Buch, sind wir auf Dr. Marianne Stradal aufmerksam geworden. Das Buch mit dem Titel »Gezeigt – gekonnt! / Handarbeiten im Fernsehen« beinhaltet eine Übersicht der bekanntesten Handarbeitstechniken, ihren Unterkategorien, der dazugehörigen Geschichte und ihrer Anwendung. Es ist ein »Versuch, die Zuschauerwünsche über die Sendung hinaus zu erfüllen« (Stradal, 1957). Mithilfe von Bildern, Geschichten und Anleitungen fasst die Textilprofessorin in dem 1957 erschienenen Buch das zusammen, was sie in ihren Fernsehsendungen den Zuschauer*innen vermittelte. Interessant ist dabei, dass sie sich mit ihrer Sprache an ein rein weibliches Publikum wendet. Gleichzeitig vermittelt sie ein unglaubliches Interesse und eine große Freude an den verschiedenen Künsten der Handarbeit.
Marianne Stradal nimmt die Leser*innen an die Hand und führt durch die Geschichte des Stickens, Strickens und Häkelns. Sie beginnt mit einer berührenden Geschichte: Ein Handarbeitsbuch, das bereits seit mehreren Generationen durch die Hände einiger Frauen gereicht wird. Jede hinterlässt auf ihre eigene Art und Weise Spuren in dem, stets sehr geliebten, Buch. Eine der Frauen schreibt auf die ersten Seiten: »Meine Hände haben es gemacht, mein Herz gibt’s Dir«. Immer wieder wirft sie Referenzen in den Text, die die lange Geschichte der Handarbeit untermalen. Wie zum Beispiel das Stickvorlagenbuch »Furm- und Modebüchlein«, das 1523 in Augsburg erschien.
Geschickt versucht sie dem Ursprung der jeweiligen Technik auf die Spur zu kommen. Woher stammt die Weißstickerei? Wer verwendete sie zuerst? Und wo ist sie heute (bzw. in den 1950/60er Jahren) zu finden?
Auch denjenigen, die Lust haben selbst tätig zu werden, wird Marianne Stradal gerecht. Zum Schluss eines jeden Kapitels stellt sie Anleitungen und Bildbeschreibungen zur Verfügung.
Neben der Person und dem Buch selbst, waren wir vor allem an den Fernsehsendungen interessiert. Eine Recherche hat ergeben, dass sich in den Archiven des WDR (= Westdeutscher Rundfunk) und des ORF (= Österreichischer Rundfunk) noch einige Aufzeichnungen ihrer Sendungen befinden. Auf Anfrage werden diese gegen eine Bearbeitungsgebühr zur Verfügung gestellt. Wir haben einen Blick gewagt, die Review folgt.
quellen:
Stradal, Marianne (1957): Gezeigt – gekonnt. Handarbeiten im Fernsehen, Essen: Deutschland, Verlag W. Girardet.
liva hamburg, 29. januar 2023