das große handarbeitsbuch
Hermine Steffahny hat mit »Das große Handarbeitsbuch« (1910) ein komplexes Werk geschaffen, das die Vielfalt der Handarbeitstechniken des frühen 20. Jahrhunderts dokumentiert.
Der erste Band bietet eine umfangreiche Einführung in 12 verschiedene Handarbeitstechniken, darunter Stricken, Häkeln, Weißnähen und verschiedene Sticktechniken wie den Holbein- oder Webestich. Ergänzt wird das Ganze durch einen Anhang zu Kartenpapierarbeiten, einer damals beliebten Form kreativer Gestaltung.
Im zweiten Band werden 13 weitere Techniken wie Frivolitäten, Klöppeln, Knüpfen und spezielle Stickarten erläutert. Im Anhang finden sich Anleitungen zum Vergrößern und Aufzeichnen von Mustern und Christbaumschmuck.
Die Veröffentlichung der Bücher fällt in eine Zeit, in der weibliche Handarbeit eine zentrale Rolle im Leben vieler Frauen spielte. Handarbeit war nicht nur eine kreative Ausdrucksform, sondern auch ein Zeichen von Tugend, Fleiß und gesellschaftlicher Stellung. In einer Ära, in der industrielle Fertigung zunehmend an Bedeutung gewann, bot das Ausüben von Handarbeiten eine Möglichkeit, Individualität und Kunstfertigkeit zu bewahren.
Steffahny’s Vorwort im ersten Band verdeutlicht, dass sie sich mit ihrem Buch an die „lehrende wie auch lernende Frauenwelt“ wendet, was auf die damalige Funktion von Handarbeit als Bildungs- und Erziehungsinstrument hinweist. Frauen sollten nicht nur schöne Dinge schaffen, sondern auch durch diese Tätigkeiten Geduld, Genauigkeit und Ausdauer entwickeln.
Besonders gelungen ist die didaktische Struktur des Buches. Jedes Kapitel beginnt mit einer Einführung in die notwendigen Werkzeuge und Grundtechniken, bevor es schrittweise zu anspruchsvolleren Mustern und Projekten übergeht.
Im folgenden werden Eindrücke aus dem ersten Band abgebildet.
Die Gestaltung der Bücher ist ein Kunstwerk für sich. Überschriften in Frakturschrift und Ornamente im Jugendstil verleihen den Werken eine zeitgenössische Eleganz. Zu den vielen detaillierten Illustrationen, gibt es farbige Tafeln, die den Anspruch des Buches unterstreichen: Es soll sowohl funktional als auch visuell ansprechend sein.
Mit ihrem Werk hat Hermine Steffahny nicht nur eine Anleitung verfasst, sondern einen »treuen Ratgeber«, der – wie sie es sich erhofft – Generationen von Handarbeitenden inspiriert hat und weiterhin inspirieren wird. Für Liebhaber*innen historischer Handarbeitskunst sind diese Bücher eine absolute Empfehlung.
Im folgenden werden Eindrücke aus dem zweiten Band abgebildet.
andrea hamburg, 22. dezember 2024, erweitert: 30. januar 2025