allerlei mädchen-handarbeiten aus stoff-flicken und wollresten
»In unserer Zeit der Warenteuerung macht es sich notwendig, schon in der Jugend Verständnis für die Verwertung von allerlei Stoffresten und -abfällen zum Herstellen nützlicher Bedarfsgegenstände zu wecken.«, mit diesen Worten beginnt Käthe Schuppe das Vorwort zu ihrem Handarbeitsheft.
Das 1923 im Verlag von J.F. Schreiber erschienene Heft »Allerlei Mädchen-Handarbeiten aus Stoff-Flicken und Wollresten« der Autorin Käthe Schuppe vermittelt einfache Techniken und Ideen zur Herstellung kleiner Alltagsgegenstände aus vorhandenen Materialien.
Erschienen ist es in der Reihe »Schreibers Beschäftigungsbücher für Elternhaus und Arbeitsschule«. Jedoch richtet sich Käthe Schuppe mit ihrer Sprache und den Inhalten gezielt an junge Mädchen ihrer Zeit. Neben einem kurzen Einleitungstext und einigen wenigen Erläuterungen auf den ersten zwei Seiten, besteht das Heft ausschließlich aus kreativen Entwürfen und schönen grafischen Gestaltungen; teils in Farbe, teils in Schwarz-weiß. Im Mittelpunkt stehen Kreativität und ein bewusster Umgang mit Materialien.
Eine Besonderheit an dem Heft ist, dass es neben den ersten zwei Seiten keine weiteren Textelemente gibt. Weder detailgetreue Anleitungen noch Beschreibungen helfen dabei die Entwürfe besser zu verstehen. Eine bewusst gewählte Maßnahme. Die Beispiele aus dem Heft sind laut der Autorin nicht nur zum Nachmachen, sondern dienen viel mehr als Anregung zum eigenen Gestalten. Sie begründet die fehlenden Anleitungen mit folgenden Worten: »Derartige Belehrungen wachsen aber am besten unmittelbar aus der lebendigen Anschauung, dem Erlebnis an der Arbeit selber hervor und bleiben deshalb der Lehrerin in der Schule oder der Mutter im Hause überlassen«. Uns gefallen besonders die reduzierten Darstellungen, die uns mit ihrem zeitlosen Design überzeugen. Gerade auch die farbigen Abbildungen faszinieren; eine Seltenheit aus der Zeit.
Technisch verwendet Käthe Schuppe in ihren Entwürfen den Knopflochstich (auch als Languettenstich o.Ä. bekannt), die Fischgrätenstichverzierungen, das Applizieren von verschiedenen Formen und das Knüpfen (z.B. für Lesezeichen).
Neben der Förderung des kreativen Schaffens wird der bewusste Umgang mit bereits vorhandenen Materialien vermittelt. Wie bereits der Untertitel verrät, sollen die Gegenstände »aus Stoff-Flicken und Wollresten« hergestellt werden. Als Materialquellen schlägt Käthe Schuppe vor, im Garnkorb der Mutter nachzuschauen. Während wir im Jahr 2023 daraus hippe Upcycling-Projekte machen und sie mit dem Label »Sustainable« versehen, hat man 1923 nicht so viel Wind darum gemacht. Man hat eben genutzt, was da war und so auf ganz natürliche Weise nachhaltig gearbeitet. Vielleicht sollten wir öfter einen Blick in die Vergangenheit werfen, um wieder ein Bewusstsein für das Wesentliche zu bekommen.
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Schuppe, Käthe (1923): Allerlei Mädchen-Handarbeiten aus Stoff-Flicken und Wollresten, Heft 1, Esslingen & München: Deutschland, Verlag von J.F. Schreiber.
liva hamburg, 09. juli 2023